Musikauswahl im Radio
Wie stellen Radiosender ihr Programm zusammen?
Habt ihr auch manchmal das Gefühl, dass immer wenn ihr das Radio anschaltet, der gleiche Song läuft? Wir haben uns mal darüber informiert, wie ein Radiosender üblicherweise sein tägliches Musikprogramm zusammenstellt.
Altes Radio auf einer WieseWer entscheidet, was gespielt wird?
Ja, fangen wir direkt mit der Master-Frage an: Jeder Sender hat eine Musikredaktion. Die wählt in ihren so genannten Abhörsitzungen aus den Musik-Neuerscheinungen die Titel aus, die in die Playlist des Senders aufgenommen werden sollen. Wichtigstes Auswahlkriterium ist dabei aber nicht der persönliche Geschmack der Redakteure, sondern der der angepeilten Zielgruppe. Die Musikredakteure müssen also abschätzen können, welcher Song Potenzial zum Hit hat und welcher eher zum leiser Drehen, Um- oder Abschalten verleiten könnte.
Denn das wichtigste für die Radiosender sind, genau wie beim Fernsehen, die Einschaltquoten. Die Werbekunden schalten ihre Spots nämlich nur, wenn die Quote stimmt. Und obwohl die öffentlich-rechtlichen Sender ja hauptsächlich über die Rundfunkgebühren finanziert werden, haben sie natürlich auch gerne hohe Einschaltquoten, denn Werbung dürfen sie ja in gewissen Maßen trotzdem senden und damit auch zusätzlich Geld einnehmen. Und Private sind erst recht darauf angewiesen. Was bedeutet das fürs Radio? Genau! Der Lieblingssport der Radiosender ist es, den Hörer so bei Laune zu halten, dass er nicht im entferntesten auf den Gedanken kommt, den Sender zu wechseln oder das Radio ganz abzuschalten. Und weil das Radio eher ein Begleitmedium ist, also am meisten gehört wird, während man gerade irgendwas anderes macht, z.B. Auto fahren oder frühstücken, darf das Programm vor allem eines nicht: Einen bei dem stören, was man eigentlich gerade macht. Für die Musik heißt das: Alles schön harmonisch und am besten zum Mitsummen.
Ganz so einfach sind die Hörer aber nicht zu durchschauen. Und weil selbst der beste Musikredakteur nicht sicher entscheiden kann, ab wann ein Titel anfängt zu nerven oder welcher eigentlich noch öfter laufen könnte, werden von den Sendern regelmäßig Hörerbefragungen durchgeführt. Da werden Songs getestet, die erst einige Wochen im Programm sind, aber auch die älteren Titel. Dazu rufen Marktforscher potenzielle Hörer an und spielen ihnen Auszüge aus einigen Liedern vor. Dann wird gefragt, ob man das Lied kennt, wie gut es einem gefällt und ob man es gerne öfter hören würde. Die Titel, die die Hörerbefragung "überleben", bleiben im Programm. Was bei den Befragten durchfällt, wird aus der Rotation genommen. Songs, die einmal aus dem Programm geflogen sind, bekommen aber ein paar Wochen oder Monate später nochmal eine Chance, das heißt, sie werden nochmal abgefragt. Wenn sie dann nicht mehr "burnen" (englisch ausgesprochen, kommt von "Burnout" = "ausgebrannt"), wie der Fachmann das nennt, werden sie wieder in die Playlist aufgenommen.
Wer macht den Mix?
Jetzt wissen wir schon mal, wie die Musik ausgesucht wird. Bleibt aber noch die Frage, wer entscheidet, welcher Titel wann gespielt wird. Ihr ahnt es wahrscheinlich schon: In den allermeisten Fällen ist das nicht der Moderator, der während seiner Sendung überlegt, welches Lied jetzt schön passen würde, sondern ein Computerprogramm, das die Titel zusammenmixt. So genannte Selektor-Programme sortieren die Songs nach bestimmten Kriterien, die vorher festgelegt werden müssen.
Display eines RadiosZum Beispiel darf ein Lied nicht an zwei Tagen hintereinander zur gleichen Zeit laufen, weil viele Leute jeden Tag zur gleichen Zeit Radio hören. Ein anderes Kriterium, nach dem die Selektor-Programme die Musik sortieren, hat uns der Leiter der Musikredaktion von Radio NRW erklärt: Jede Viertelstunde soll das gesamte Musik-Spektrum des Senders abgedeckt werden. Balladen, Rock-Songs usw. wechseln sich in regelmäßigen Abständen ab. So geht der Sender sicher, dass für (fast) jeden was dabei ist, auch wenn er z.B. nur für zwanzig Minuten einschaltet. Auch für passende Übergänge und Tempowechsel ist das Selektor-Programm zuständig. So läuft z.B. morgens mehr schnelle Musik als nachmittags und abends. Wichtig ist natürlich auch, wie oft ein Titel sich wiederholen darf. Grundsätzlich gibt es unterschiedliche Arten von Rotationen, die vorgeben, wie oft ein Titel in der Woche laufen soll. Aktuelle Hits laufen natürlich häufiger als ältere Stücke, die vielleicht noch ein,- zweimal in der Woche gespielt werden. Bei Radio NRW läuft ein Titel in der höchsten Rotation beispielsweise 25 Mal pro Woche, also 3-4 mal pro Tag!
Uns hat natürlich auch noch interessiert, wie viele Lieder ein durchschnittlicher Sender insgesamt im Repertoire hat. Das, so wurde uns gesagt, ist aber ein Betriebsgeheimnis. Denn die Musikauswahl ist natürlich auch das, was einen Sender von der evtl. weniger quotenstarken Konkurrenz unterscheidet. Man kann aber zumindest bei den Privatsendern davon ausgehen, dass das Song-Reservoir einige hundert Titel nicht übersteigt.
Fazit
Das mit der Musik im Radio ist also eine zwiespältige Sache. Einerseits bekommt der Hörer genau das, was er (laut Befragungen) will. Andererseits wünschen sich viele etwas Abwechslung und mehr Musik abseits des Mainstreams. Das wiederum ist den meisten Sendern aber (zumindest in den Hauptsendezeiten) zu risikoreich, weil nicht massentauglich genug. Denn wie gesagt: Die Quote zählt.
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Habt ihr auch manchmal das Gefühl, dass immer wenn ihr das Radio anschaltet, der gleiche Song läuft?
Manchmal ?! :roll: :confused: