Ein Servicegedanke gewinnt an Raum
Ein Sendeprogramm 24/7 zu gestalten ist an sich ja schon eine enorme Herausforderung, indes was dem Hörer hier tagein tagaus geboten wird, kann wahrlich nur als meisterliche Komposition beschrieben werden.
So müssen nicht nur Konserven untergebracht werden, die idealerweise zeitnah, sprich spätestens eine Woche, nach ihrer Erstausstrahlung auf anderen Sendern / medialen Kanälen präsentiert werden, nein, es gilt auch die letzten der überhaupt noch verbliebenen DJs mit ihrer reduzierten, aber dennoch vorhandenen Sendezeit zu platzieren.
Ebenso wollen Programmpunkte, die z.B. ein Label und eine Compilation in den Mittelpunkt stellen, integriert werden, und auch die verschiedenen Charts verdienen ihr Plätzchen im Gesamtkonzept.
Die verbleibende Zeit muss nun konzeptuell gefüllt werden, wobei der Fokus eher gewinnspielorientiert und musikalisch, denn inhaltlich ausgerichtet ist.
Eine wahre Herkulesaufgabe, bedenkt man, dass die elektronische Musik sehr breitgefächert daherkommt, indes Hörenswertes in diesem Überangebot gut versteckt und tief vergraben ist.
Für diese Schatzsuche muss nun tief in die Klangwelt abgetaucht werden, schließlich sollen dem erlauchten Publikum ja ausschließlich die auditiven Perlen kredenzt werden.
Die Ergebnisse der Tauchkurse zeigen, solche Knüller sind rar gesäht, und so ist eben in der Konsequenz auch die Anzahl der Stilrichtungen und Labels mehr als nur überschaubar.
Diese äußerst schwere Bürde trägt nun der
"Man on the Mic" und meistert sie geradezu beispielhaft, aber schauen wir uns das mal etwas genauer an:
Dazu habe ich mir willkürlich mal je einen Tag fürs
Tagesprogramm und
DAW ausgesucht, das Ganze dann mit angrenzenden Tagen vervollständigt, so dass ich bei 2 Tagen (08.10. und 09.10.) Tagesprogramm (je 6-17 Uhr) auf 22 Zeitstunden komme, und bei 2 Wochen DAW (10 Sendungen) auf 20 Stunden.
Ich setze jetzt mal 45 Minuten als reine Nettosendezeit (abzgl. Werbung, News, Wetter, Verkehr etc.) pro Stunde an, und komme somit auf 16,5 h Tagesprogramm und 15 h DAW.
Hier zeigt sich eindeutig, welch Höchstleistung da dem Tiger abverlangt wird, und mit welch kreativer Schaffenskraft er diese Herausforderung meistert.
Wie gestaltet der DJ Afterwork das Programm einer Woche DAW aber nun so abwechslungsreich und interessant?
Es gelingt ihm beinahe spielerisch, und das in der ersten Woche mit nur 13 "neuen" Tracks, die, strategisch clever eingesetzt, die täglichen Blockarrangements auflockern. Aber damit nicht genug, auch Teile einzelner Blöcke werden herausgegriffen und separat gespielt.
Jedoch zu wahrer Höchstform läuft der Einfallsreichtum auf, wenn bestehende Blöcke gesplittet und durch Neuzusammensetzung der (so gewonnenen) einzelnen Partien neue Blockensemble kreiiert werden.
Solch ein Erfindungsreichtum erschwert dem allgemeinen Hörer das Widererkennen und v.a. das Durchschauen dieses Geniestreichs, lediglich den Kennern der Materie ist auch bewußt, dass die gespielten Blöcke nicht selten Mitschnitte der Sets seiner Auftritte sind.
Somit kann das Publikum, dem das Besuchen der Events nicht vergönnt war, zumindest auf diesem Wege partizipieren, und zugleich verschafft sich der
"Man on the Mic" mit dieser Effizienz mehr Spielraum um auf Perlenjagd zu gehen.
Ein phänomenales Konzept.
Jonglierte sich der DJ Afterwork mit den 13 "neuen" Tracks noch durch die erste Woche, wird es in der zweiten geradezu spektakulär, wenn der Hörerschaft diese Anzahl gebündelt in einer Sendung offeriert wird, und sogar da sieht der Tiger noch Potential nach oben und erhöht auf satte 20 an einem Nachmittag.
Sollte das Publikum nun unruhig werden, da die Sorge, all die "neuen" Perlen verpaßt zu haben, sich langsam ins Bewußtsein arbeitet, kann an dieser Stelle sofort Entwarnung gegeben werden.
"Neu" betitelt hier zunächst, dass der jeweilige Track innerhalb dieser 10 Sendungen lediglich einmal gespielt wurde, und erfahrungsgemäß birgt dies noch ein immenses Wiederholungspotential im gesamten SL-Programm, denn besonders beliebte Perlen werden dem Publikum selbstredend auch häufiger präsentiert.
So begegneten dem Hörer gut ein Drittel dieser Tracks auch in den, von mir schon näher beleuchteten, 7 DAW-Sendungen vom 29.06. - 07.07.2015, hier ein paar Beispiele:
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Michael Calfan: Treasured Soul (Chocolate Puma Remix) lief 4x innerhalb der 7 Sendungen,
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Fox Stevenson: Sweets (Soda Pop) 6x
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Pep & Rash : Red Roses 4x
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Tommie Sunshine & The Partysquad: Alright 4x
Teilweise treten diese "neuen" Tracks auch im selben Block wie Ende Juni/ Anfang Juli auf, das Blockmodell hat sich sich eben einfach bewährt (übrigens nicht nur in DAW):
Werden dem Publikum nun diese Perlen in den aktuell beleuchteten 10 DAW Sendungen je 1x kredenzt, traten sie hingegen in den Sendungen Ende Juni / Anfang Juli wesentlich deutlicher in Erscheinung, aber da sie so schön sind, erfreuen sie das Publikum auch im restlichen SL-Programm, und das bis heute. Hier mal ein paar Beispiele:
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Galantis: Peanut Butter Jelly lief 3x in besagten 7 DAW- Sendungen und je 2x im Tagesprogramm (08.10. und 09.10. von 06:00-17:00 Uhr )
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Oliver Heldens & Shaun Frank ft. Delaney Jane: Shades of Grey lief 2x in den 7 DAW-Sendungen, und je 3x im Tagesprogramm.
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Martin Solveig & GTA: Intoxicated ertönte 2x in den 7 DAW-Sendungen, 3x in den aktuell beleuchteten 10 DAW-Sendungen, und alle 1,5 h im Tagesprogramm, also jeweils 5x.
Die Obergrenze der Trackwiederholung im Zeitraum von 06:00 - 19:00 Uhr scheint bei den bewährten 7x (knapp alle 1,5h) geblieben zu sein.
Die Angst etwas zu verpaßen ist also völlig unnötig - eine wahrhaft einmalige Gefälligkeit von SL.
Die "Perlen" begegnen dem treuen Hörer also rund um die Uhr über einen langen Zeitraum - das nenn ich mal
Service am Kunden: denn, sollte man es trotzdem nicht schaffen diese Schätzchen im Tages- und Nachtprogramm (inkl. WE), in den Tiger Weapons oder den Charts zu verfolgen, bleibt ja immer noch die jeweils aktuelle SL -Compilation.
Verteilen sich nun 5 Wiederholungen bei DAW im engsten Fall auf eine Woche, schafft es das Tagesprogramm locker innerhalb der Sendezeit von 06:00 - 17:00 Uhr, sprich: stündlich.
Laufen Songs lediglich 1-3 x am Tag, heißt dies i.d.R. sie nehmen demnächst an Fahrt auf, schließlich sind bis zu 7 Wiederholungen im Rahmen des Erstrebenswerten, wobei 4 - 5 x/Tag das beliebteste Modell bilden, also alle 1,5 - 2h - ein schickes Mittelmaß eben.
Danach schwächt es dann gleichmäßig wieder ab, bis wir wieder bei den 1-3 Wiederholungen sind.
Wobei
danach gerne auch einen Intervall von locker einem Vierteljahr umfassen kann, denn, leuchten Perlen besonders strahlend, wird ihr Licht natürlich ausgereizt bis zum schwachen Glimmen, und somit bleiben sie dem Publikum länger erhalten.
Schön bleibt eben schön, auch in einer gefühlten Endlosschleife.
Momentan sind diese Schmuckstücke natürlich auch vom aktuellen Gewinnspiel definiert, und so begegnet uns ein Künstler gerne bis zu 7x von 06:00-17:00 Uhr, beispielsweise trifft man auf
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Robin Schulz mit einer Auswahl von insg. 5 Tracks ganze 12x innerhalb des Tagesprogramms an besagten 2 Tagen (ca. alle 1,5h).
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Calvin Harris ist mit 3 Tracks 12x dabei,
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David Guetta mit 4 Songs 11x,
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Armin van Buuren mit 2 Titeln 8x (alle 2h).
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Tujamo mit 3 Tracks 7x,
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Avicii geht mit 4 Tracks ins Rennen, die 10x laufen,
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Tiesto schaffts mit seinen 4 Songs sogar auf 11x.
Eindeutiger Sieger ist
Martin Solveig, der mit 2 Tracks ganze 13x im Tagesprogramm, also stündlich, erklingt.
Selbstredend bleiben uns auch in DAW diese Interpreten erhalten, und so tritt
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Robin Schulz in den 10 DAW -Sendungen mit 3 Titeln ganze 7x auf.
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Calvin Harris hingegen ganz bescheiden mit 1 Track 2x,
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David Guetta mit 4 Songs 12x,
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Armin van Buuren mit 4 Titeln 10x,
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Tujamo mit 4 Songs 12x,
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Avicii mit 2 Tracks 2x,
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Martin Solveig mit 3 Titeln auf 9x.
Spitzenreiter ist
Tiesto, der es mit seinen 5 Songs sogar auf 19x schafft, dicht gefolgt vom
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DJ Afterwork, der ebenfalls mit 5 Tracks dabei ist und 16x erschallt.
Da das Publikum durch das gesamte SL - Programm nun schon an eine muntere Anzahl von Wiederholungen gewöhnt ist, wundert es nicht, dass auch im
Trackcheck dieses Konzept seine Anwendung findet.
Kamen die ersten noch mit einer Auswahl von 25 Tracks, inkl. des obligatorischen Classics-Titel, daher, ist es mittlerweile auch hier übersichtlicher (15 Tracks) und stiltechnisch einheitlicher geworden.
Bedenkt man, dass der erste Trackcheck Ende Juni an den Start ging, ist es doch quasi vertretbar, dass Titel erst zum 5ten Mal abgefragt werden.
Man könnte durchaus den Eindruck gewinnen, die elektronische Musik stecke noch mitten in den Kinderschuhen, aber die hörenswerten Perlen sind eben rar gesäht, der Tiger hat nicht immer Zeit um auf Tauchkurs nach ihnen zu gehen, da kann es dann schon mal zu Überschneidungen kommen.
Damit die Kritik nun nicht überhand nimmt, oder es gar zu viele Vorschläge, im schlimmsten Fall noch aus anderen Stilrichtungen oder gar von anderen, als den Lieblingslabeln, hagelt, schickt man den Link zum Trackcheck am Samstag, die Erinnerung ihn auszuführen kommt dann schon einen Tag später. Über mehrere Wochen hinweg hatte man also exakt 2 Tage Zeit ihn zu machen, denn am Montag war der Link schon ungültig, oder aber, es gab gleich gar keinen Link.
Clevere Problemlösung eben.
Ertönt sonst Kritik gibt es ja immer noch 2 Zaubermittelchen: Trance und Classics, damit sind die Gemüter erstmal beruhigt.
Schön, dass es noch immer funktioniert.
Während andere Sender nun auf farbenfrohe Vielfalt und wenig Wiederholungen setzen, denn idealerweise läuft ein Song dort innerhalb von 24h nur 1x, ein Interpret max. 2x, beschreitet SL ganz eigene Wege.
Dies wiederum ist nicht neu, jedoch wird es immer reduzierter, fokussierter und damit transparenter.
Dieser übersichtliche, ja geradezu kuschelig anmutende Musikkanon mag auf den Hörer zementiert wirken, ist aber wohl als Leitfaden zu verstehen, und er ermöglicht es ja erst, dass dieser
phänomenale Servicegedanke Raum bekommt, um sich auszubreiten, zu glänzen und seine Wirkung so richtig zu entfalten.
Nun mag das
"Sie-verpassen-nichts, denn-alles-wird-wiederholt-Konzept" im TV nicht greifen, und andere Radiosender davon auch Abstand nehmen, einzig SL lässt sich hiervon weder entmutigen noch beeindrucken - das sind eben alles
"Schnarch-Sender".
SL tritt hier als Einzelkämpfer den mutigen Versuch an, diese Theorie für das Medium Radio zu widerlegen. Dies braucht eben Zeit und die nimmt sich der Sender auch. Tapfer bleibt er bei diesem Konzept, Kritik und massivem Gegenwind wird eisern getrotzt, und auch wenn die aktuellen Zahlen erneut lauthals das Scheitern dieser Programmgestaltung belegen, ja regelrecht herausbrüllen wie weit es an der Zielgruppe vorbeigeht, SL hat einen Plan und bleibt dabei.
Vielleicht wird der Beweis ja noch angetreten, dass pure Sturheit sich, entgegen sämtlicher Erfahrungen, am Ende doch durchsetzt.
Ein rundum durchdachtes Konzept -
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